Goldmedaille statt Burnout? Was wir vom Spitzensport für den Job lernen können
Aktuell faszinieren die Olympischen Spiele in Paris mit unglaublichen Leistungen vieler Athletinnen und Athleten. Was können Mitarbeitende und Führungskräfte vom Spitzensport lernen, für mehr «Lust auf Leistung»?
Kompetenzorientierung statt angeborenes Talent
Ein zentrales Element des Leistungssports ist die Kompetenzorientierung. Anders als der Mythos vom angeborenen Talent suggeriert, basiert Erfolg im Sport auf der tiefen Überzeugung, dass Kompetenzen zum Großteil erlernbar und durch gezieltes Training ausbaubar sind.
So sollte man sich auch in der Berufswelt von der Vorstellung lösen, dass berufliche Fähigkeiten in die Wiege gelegt, genauso wenig wie die «geborene Führungskraft». Stattdessen gilt es, das eigene Entwicklungspotenzial zu erkennen und sich auch selbst ein förderndes Umfeld zu suchen und sich auf eine professionelle Unterstützung einzulassen.
Training als kontinuierliche Kompetenzarbeit
Ein weiterer, ganz wesentlicher Aspekt im Spitzensport ist die Bedeutung von kontinuierlichem und fordernden Training. Hinter den Erfolgen der Athleten steckt harte Arbeit, Disziplin und ein strukturiertes Trainingsprogramm. Dabei geht es, durch gezieltes Üben, stetige Verbesserung, aber auch durch Misserfolge und Fehleranalysen die eigene Leistungsfähigkeit immer wieder auf ein neues Level zu heben.
Die mittelschwere Herausforderung als Wachstumsmotor.
Wir sehen häufig nur die Spitzenleistung im Wettkampf, bei totaler Erschöpfung, bei Rekorden, bei Grenzgängen der Sportlerinnen und Sportler. Aber im langwierigen Training ist ganz entscheidend für den Lernfortschritt, dass Herausforderungen fordernd, aber nicht überfordernd sind. Denn aus Sicht der Lern- und Motivationstheorie hat die optimale Herausforderung einen mittleren Schwierigkeitsgrad, ist also weder zu leicht noch zu schwer.
Training ist Programm – mit Struktur und Abwechslung zugleich
Ein strukturiertes Trainingsprogramm im Sport, aber auch übertragen aufs Arbeitsleben, setzt auf Variabilität und Vielseitigkeit und beachtet dabei folgende Prinzipien:
1. Progressive Belastungssteigerung: Um den Trainingseffekt zu erhalten, muss die Belastung kontinuierlich, aber moderat gesteigert werden. Im Beruf bedeutet dies, die Komfortzone regelmässig zu verlassen und leicht anspruchsvollere (!) Aufgaben zu übernehmen. Dies darf nicht nur als Führungskarriere interpretiert werden, sondern kann gerade auch durch «fachliches Wachstum» realisiert werden.
2. Ausreichend Erholung: Regeneration ist essenziell für die Leistungsfähigkeit – wer kennt mittlerweile nicht das legendäre Eisfass? Ausreichend Erholung im Sport und im Beruf beugt Überlastung vor und erhält die Leistungsfähigkeit. Für den Job brennen heisst somit ganz logisch, auch ordentlich Abstand zu nehmen, «Feierabend» zu machen und im Urlaub mal regelrecht abzutauchen.
3. Absolute Individualisierung: Trainingspläne im Sport sind individuell auf die Bedürfnisse und Voraussetzungen des Athleten abgestimmt. Führungskräfte sollten dies auch im Berufsleben berücksichtigen und Weiterbildung individuell gestalten, am besten «on the job». Dies ist zeitraubend und mühsam, aber fundamentale Führungsaufgabe – und leider oft gerne zu HR ausgelagert, nach dem Prinzip «Weiterbildung aus der Giesskanne».
4. Kontinuität: Regelmässiges Training und stetige Weiterentwicklung sind sowohl im Sport als auch im Beruf der Schlüssel zum langfristigen Erfolg. Dies ist letztlich eine Selbstverantwortung für den persönlichen Fortschritt – Training muss man wollen, auch wenn es anstrengt. Training ist eben nicht nur «Sach-Lernen», sondern permanentes Arbeiten an der psychologisch so wichtigen Selbstwirksamkeit.
Beitrag von Prof. Dr. Ingo Hamm
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