Führen mit Zielen, eine Herausforderung?
Wenn ich Führungskräfte frage, ob es ihrer Meinung nach sinnvoll sei, mit Zielen zu führen, dann erhalte ich von einem grossen Teil der Befragten ein klares JA.
Aber es sei auch eine Herausforderung. Dies liegt vor allem daran, dass bei der Umsetzung von Zielkonzepten, häufig Schwierigkeiten auftreten, weil das Regelwerk vielleicht nicht klar definiert worden ist, es viele Fragen offen lässt oder es schlicht zu komplex ist. Das kann zu Unmut und/oder Demotivation bei den betroffenen Führungskräften und Mitarbeitenden führen. Unternehmen setzen sich oft nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit auseinander, was ihr Zielmodell bewirken, wie es gestaltet und in der Praxis umgesetzt werden soll. In der heutigen sehr hektischen Zeit werden solche Themen einfach mal nach «unten» wegpriorisiert. Das kann zur Folge haben, dass kein übergreifendes und homogenes Gesamtsystem im Unternehmen verankert wird. Folglich werden zwangsläufig nicht alle im Unternehmen am gleichen Strick ziehen und ihren Beitrag am grossen Ganzen leisten. Das ist letztlich wiederum eine der grössten Herausforderungen, mit welcher die Führungskräfte im Alltag zu kämpfen haben:
Befassen wir uns mal mit drei Ursachen dieser Herausforderung:
- Es fehlt ein klares Zielkonzept mit sauberem Regelwerk
- Das Zielkonzept wird nicht von der Unternehmenskultur getragen
- Der Zielprozess ist nicht definiert, nicht geführt und/oder nicht koordiniert
Gibt es das ultimative Zielmodell?
Die meisten von euch werden die Frage wohl damit beantworten, dass sie «Management by Objectives» MbO kennen oder mit diesem System arbeiten. Ein paar andere werden das Derivat davon, die OKR-Methode nennen. Eines muss uns allen klar sein: das perfekte Zielmodell oder -system gibt es nicht. Aber welchen Anforderungen muss denn ein Zielsystem gerecht werden?
Nun, eine wesentliche Bedingung zielt auf die Effektivität ab: Die RICHTIGEN Ziele. Es geht darum, dass die Zielinhalte konsistent mit den strategischen Zielen des Unternehmens und dem Business Plan sind. Es gehören nur Ziele in das System rein, die einen Beitrag am grossen Ganzen leisten. Diese Ziele sollen stufengerecht und entsprechend der Verantwortung bzw. der Kompetenz formuliert werden. Sie sollen zudem nach Priorität gewichtet werden. Eine weitere Anforderung ist, dass jedes formulierte Ziel gewisse Kriterien erfüllen muss.
Zum Beispiel die SMART-Kriterien. Die Ziele sollen u.a. gut messbar sowie erreichbar sein und in einem bestimmten Zeitrahmen erfüllt werden können. Zur Veranschaulichung nenne ich an der Stelle ein reales und schlechtes Beispiel, dass ich unlängst in einem Unternehmen angetroffen habe:
Das Ziel war so formuliert: Mitarbeit im Projekt X. Hand aufs Herz: Ist das ein Ziel?
Nein, natürlich nicht. Das ist schlicht und ergreifend eine Aufgabe. Bei einer solchen «Zielsetzung» muss man sich nicht wundern, wenn Kritik am Zielsystem laut wird.
Nebst dem obengenannten gibt es noch weitere Anforderungen, die erfüllt werden müssen, damit das System konzeptionell für gut befunden werden kann. Ein jeweils heiss bis hitzig diskutiertes Kriterium ist der Ambition-Level: Also wie ambitiös sollen/dürfen Zielwerte sein und welcher Massstab wird zur Messung der Ziele angewendet?
Warum ist es wichtig, dass das Zielkonzept zur Unternehmenskultur passt?
Die Unternehmenskultur ist für den Erfolg eines Unternehmens so wichtig wie die Unternehmensstrategie! In der Kultur sind die Werte des Unternehmens verankert. Die Unternehmenskultur definiert wie im Unternehmen zusammengearbeitet wird und welche Regeln dabei gelten. Sie definiert auch, ob Leistungsorientierung für das Unternehmen wichtig ist oder wie mit ungenügender Leistung umgegangen wird.
Ist es das Ziel, dass 80 % der Mitarbeitenden die Ziele erreichen oder sollen die Ziele völlig individuell und im alleinigen Ermessen des jeweiligen Vorgesetzten liegen?
Solche Fragestellungen müssen ganz grundsätzlich beantwortet werden.
Wenn beispielsweise ein Unternehmen die Produktqualität über alles stellt, dann macht es wenig Sinn, wenn im Zielsystem hauptsächlich Absatz- oder Umsatzziele vorkommen. Dann müssten im Zielsystem Qualitäts- und Kundenzufriedenheitsziele oberste Priorität haben.
Zielprozess, gibt es das?
Wann hast du eigentlich deine Ziele für dieses Jahr vereinbart? 80 % beantworten diese Frage mit März/April. Im Ernst? Macht das Unternehmen in den ersten drei Monaten des Jahres Betriebsferien?
Vermutlich kaum, aber wie werden dann auf diese Weise unternehmensstrategische Schwerpunkte anvisiert und die Ressourcen koordiniert bzw. fokussiert, wenn Ziele erst im April kommuniziert werden?
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, auf welche Art und Weise die Ziele kommuniziert werden. Gibt es eine nachvollziehbare Story dazu? Ein Gesichtspunkt, der oft komplett vernachlässigt wird.
Was ich in der Praxis antreffe ist, dass gewisse Bereiche früh im Jahr Ziele definiert haben und andere noch nicht einmal sich mit der Frage der Zielsetzung beschäftigt haben. Das heisst im Klartext: Es gibt keinen klar strukturierten Zielprozess und offenbar auch niemand der dafür verantwortlich wäre. Das heisst wiederum auch, dass es keine Zieldurchgängigkeit im Unternehmen gibt und somit wertvolle Ressourcen und Kapital nicht effizient eingesetzt werden. Das ist sicher kein guter Zustand für ein betriebswirtschaftlich geführtes Unternehmen.
Es gibt also im Zusammenhang mit Zielkonzepten, -modellen einige Themen, die gut durchdacht und organisiert werden müssen. Sie müssen von ganz oben mitgetragen werden. Zudem braucht es jeweils eine offene und transparente Kommunikation sowohl zum Modell wie auch zu den Zielen selbst. Damit kann Akzeptanz geschaffen sowie Motivation, Effektivität und Effizienz im Unternehmen erhöht werden.
Führen mit Zielen ist eine Herausforderung wie jede andere Führungsaufgabe, aber sie ist bewältigbar, wenn sie gut organisiert, geplant und umgesetzt wird.
Quelle: Daniel Meyer
Zum ZfU-Seminar: Management by Objectives